Ein Fraunhofer-Team hat eine empfindliche Methode auf der Basis von Nanopartikeln entwickelt, um biomolekulare Spuren von Brustkrebs im Blutkreislauf nachzuweisen. Der Ansatz könnte dem Feld der Liquid Biopsy einen neuen Schub geben.
Wie erkennt die Flüssigbiopsie die Tumorzellen schneller?
Wenn sich im Körper ein Tumor bildet, gelangt eine winzige Anzahl von Krebszellen oder deren Produkte – etwa Proteine und DNA – in den Blutkreislauf. Der Nachweis dieser biomolekularen Spuren und Zellen, die im Blut zirkulieren, bietet verschiedene Vorteile gegenüber einer klassischen Biopsie von Tumorgewebe.
Vor allem ist der Ansatz der Flüssigbiopsie weniger invasiv, da dem Patienten nur eine kleine Menge Blut entnommen werden muss. Außerdem liegen die Ergebnisse innerhalb weniger Stunden vor, sodass das Verfahren an die aktuellen Informationen über den Zustand des Patienten zu einem bestimmten Zeitpunkt seiner Behandlung angepasst werden kann.
„Wir gehen davon aus, dass das medizinische Personal mit der Flüssigbiopsie in der Lage sein wird, schonender und schneller den Erfolg einer Behandlung festzustellen und Brustkrebs im Frühstadium schneller zu entdecken, was für die Patienten von großem Vorteil ist“, erklärt der Expertin für Nanomaterialien Neus Feliu Torres.
Flüssigbiopsie mit Nanotechnologie kombiniert
Feliu Torres leitet seit 2020 die Arbeitsgruppe „Nanocellular Interactions“ am Center for Applied Nanotechnology (CAN), einem Forschungsbereich des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Polymerforschung (IAP) in Hamburg. Mit ihrem Team kombiniert sie die Flüssigbiopsie mit Nanotechnologie, um die Empfindlichkeit und Spezifität dieses neuen diagnostischen Ansatzes zu verbessern.

Wie verbessert Feliu Torres Projekt die Krebsdiagnostik langfristig?
Im Projekt LIBIMEDOTS arbeitet das Team mit Forschenden der Universität Hamburg und des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) (mit Liquid-Biopsy-Pionier Klaus Pantel an Bord) sowie der spanischen Universität Rovira i Virgili zusammen. Ziel der Zusammenarbeit ist es, Biomarker für Brustkrebs im Blut aufzuspüren, zu sammeln und zu untersuchen. Dabei gehen sie folgendermaßen vor:
- Die Fraunhofer-Forschenden setzen magnetische Nanopartikel ein, die helfen, die Tumorzellen aufzuspüren und anzusprechen. Sie können dann an die Krebszellen oder deren Zellprodukte andocken und in einem Magnetfeld konzentriert werden, sodass die Tumorzellen genau untersucht werden können.
- Der zweite Schritt des Verfahrens besteht darin, diese Zellen mit einer breiten Palette von fluoreszierenden Partikeln zu versehen, die ebenfalls darauf spezialisiert sind, bestimmte Zelltypen anzusteuern. Die Fluoreszenzmuster können dann gemessen und analysiert werden, um festzustellen, welche Krebsart der Patient hat und in welchem Stadium er sich befindet.
Liquid Biopsy wird schon seit Jahren erforscht, und viele Labore machen Fortschritte auf diesem Gebiet der Krebsforschung. Die derzeit auf dem Markt befindliche, von der US-Arzneimittelzulassungsbehörde FDA zugelassene Methode verwendet jedoch nur eine begrenzte Menge von ein oder zwei Fluorophor-Markern. „Was unser Projekt von anderen unterscheidet, ist, dass wir eine breite Palette verschiedener Arten von fluoreszierenden Partikeln testen. Dies ermöglicht ein Multiplexing, also das gleichzeitige Erfassen verschiedener Fluoreszenzsignale“, sagt Feliu Torres.
Hotspot der Flüssigbiopsie
Das Cluster Life Science Nord und hier insbesondere die Region Hamburg ist eine sehr aktive Region im Bereich der Liquid-Biopsy-Ansätze für die Krebsdiagnostik. Eine aktuelle Publikation des Branchenverbandes BIO Deutschland identifiziert folgende Akteure mit wichtigen Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten in diesem Bereich:
- Asklepios Tumorzentrum Hamburg
- Fraunhofer IAP/CAN
- Indivumed Therapeutics
- Medizinisches Versorgungszentrum Hamburg-Eppendorf (UKE)
Mehr Informationen unter:
www.biodeutschland.org
Nanopartikel als Signalverstärker
Der Einsatz von Nanopartikeln sei für die Signalverstärkung besonders wertvoll, betont sie. Das Team entwirft eine Vielzahl unterschiedlicher Partikel mit der Fähigkeit, an bestimmte Tumorarten zu binden. Dies werde die Empfindlichkeit, die Spezifität und die Geschwindigkeit des Nachweisverfahrens verbessern und es zudem kostengünstiger machen.
Das Projekt konzentriert sich zwar auf die Erkennung von Brust- und Prostatakrebs, zielt aber darauf ab, die Fähigkeiten der Partikel auf die Erkennung aller Krebsarten auszuweiten, die Biomarker in den Blutkreislauf abgeben. Aber Krebs muss nicht die Grenze sein, sagt Feliu Torres. „Unsere Partikel könnten in der Medizin in großem Umfang eingesetzt werden, als Diagnosesystem wie auch als Wirkstoffträger“, sagt die Bionanotechnologin. Sie hofft, künftig mehr Kooperationspartner in der Industrie zu finden. „Unsere Partikel können in vielen weiteren nanomedizinischen Anwendungen von Nutzen sein.“
Text: Margarita Milidakis
Beitragsbild: © Fraunhofer IAP