Mindpeak: KI-Vorreiter in der digitalen Pathologie

Mindpeak: KI-Vorreiter in der digitalen Pathologie

Eine der wichtigsten medizinischen Anwendungen von KI ist die Bildanalyse in der digitalen Pathologie. Das Hamburger Unternehmen Mindpeak zählt hier weltweit zu den Vorreitern und hat bereits Produkte auf dem Markt, die in der klinischen Praxis eingesetzt werden.

Mindpeak überzeugt Pharmaunternehmen weltweit

Das Jahr 2022 war für das Hamburger Unternehmen Mindpeak in vielerlei Hinsicht herausragend: „Wir konnten zehn Softwareprodukte mit CE-IVD-Kennzeichnung auf den Markt bringen, die alle auf unserer Deep-Learning-Plattform basieren“, sagt Mitgründer und Geschäftsführer Felix Faber. Das zweite Highlight des Jahres: Mindpeak gelang der Einstieg in den Biopharmamarkt und man konnte den weltweit größten Entwickler von Onkologie-Medikamenten als Kunden gewinnen. „Beide Meilensteine bedeuten eine Umsatzsteigerung von 1600%“, so Faber.

Eine weitere gute Nachricht ist, dass Mindpeak zu den weltweiten Vorreitern gehört, deren KI-Lösungen bereits in der klinischen Routinediagnostik eingesetzt werden. Die digitale Pathologie ist einer der vielversprechendsten klinischen Anwendungsbereiche für KI-Technologien. KI-gestützte Bildanalysesysteme werten mikroskopische Bilder von „verdächtigen“ Gewebebiopsien aus. Trainierte Software hat gelernt, Tumorgewebe von gesundem Gewebe zu unterscheiden.

Die Deep-Learning-Algorithmen von Mindpeak verwenden mehrschichtige neuronale Netze zur Datenanalyse und ermöglichen es Pathologen, Informationen zu erforschen und zu extrahieren, die über die menschliche visuelle Wahrnehmung hinausgehen. „Unsere Werkzeuge quantifizieren Zellen oder Biomarker und unterstützen Krebsexperten bei der Erstellung zuverlässiger und reproduzierbarer Diagnosen. Zu unseren Kunden gehören Pharmaunternehmen, die neue Biomarker entdecken und entwickeln wollen“, sagt der studierte Informatiker Faber.

Wie unterstützt Mindpeak die Krebsdiagnostik?

Das 2018 gegründete Mindpeak verwendet einen hybriden Deep-Learning-Ansatz, bei dem halbüberwachtes Lernen mit Methoden des überwachten Lernens kombiniert werden. „In die erste Software und die dahinterstehende Plattform ist viel Arbeit geflossen“, sagt Faber. Die Entwicklung der Plattform selbst dauerte etwa zweieinhalb Jahre. Das erste Produkt erkennt und klassifiziert Brustkrebszellen in Gewebeproben – in einem Bruchteil einer Sekunde. Die Software erhielt im Mai 2021 die CE-IVD-Kennzeichnung. „Damit sind wir das erste Unternehmen in Deutschland mit einer solchen Zulassung in der klinischen Routinediagnostik in der Pathologie“, sagt Faber.

Die harte Arbeit an der Entwicklung einer Plattform zahlt sich nun hinsichtlich des Produktportfolios und der Entwicklungspipeline aus. „Wir sind jetzt in der Lage, Algorithmen viel schneller zu veröffentlichen als früher“, sagt Faber. Einer der größten Trümpfe von Mindpeak ist seiner Meinung nach der Algorithmus zur Analyse des Biomarkers PD-L1, der im dynamisch wachsenden Feld der Immunonkologie von großer Bedeutung ist.

Laut Faber stellen die IVDR und die begrenzte Zahl der Benannten Stellen derzeit große Hindernisse dar. „Deshalb werden wir im Jahr 2023 wahrscheinlich nur zwei Produkte auf den Markt bringen“, fügt er hinzu.

Weitere Hamburger Unternehmen im Cluster Life Science Nord, die KI-basierte Ansätze für die Präzisionsonkologie nutzen, sind Evotec, FUSE-AI und Indivumed.

Wie gewinnt die neue KI-Lösung das Vertrauen der Nutzer?

Der Erfolg von KI-basierten Ansätzen hängt von der Qualität und Quantität der Daten ab, die zum Training des Algorithmus verwendet werden. Der Zugang zu Gewebeschnitten von Partnerlaboren ist in dieser Hinsicht ein bedeutender Vorteil für Mindpeak. Außerdem gibt es eine begrenzte Anzahl von Kunden, die es dem Start-up erlauben, mit ihren Daten die Algorithmen zu trainieren.

Ein Netzwerk von mehr als 30 Pathologinnen und Pathologen kommentiert die Daten auf der Grundlage strenger Richtlinien und erstellt Ground-Truth-Daten für das Training der KI. Alle Mindpeak-Produkte „erklären“, wie sie eine Entscheidung getroffen haben, sodass Pathologen sie verstehen und ihr vertrauen können. „Wir zeigen immer, was das neuronale Netz erkannt hat und wie es zu dem Ergebnis gekommen ist“. Faber weist darauf hin, dass Erklärbarkeit absolut notwendig ist, damit KI-basierte Lösungen auf dem Markt akzeptiert werden.

Mindpeak wurde von Felix Faber (links) gegründet. Das Hamburger Startup wurde von CTO Dr. Tobias Lang mitbegründet. © Philipp Graf
Felix Faber ist Mitbegründer und Geschäftsführer von Mindpeak (links). Dr. Tobias Lang ist Mitbegründer und CTO des Hamburger Start-ups. © Mindpeak

Vorsprung durch Null-Klick-Lösung

Eine weitere Besonderheit ist das, was das Mindpeak-Team eine Null-Klick-Lösung (zero-click solution) nennt. Das System analysiert und verarbeitet alle Zellen auf dem gesamten Objektträger mithilfe von zwei KIs vor. Wenn die Pathologen den Fall öffnen, erhalten sie bereits alle Ergebnisse. „So erhält man einen guten Überblick und spart einige Sekunden. Das scheint erstmal nicht viel zu sein, aber wenn man weiß, wie Pathologen arbeiten, ist das für den Arbeitsablauf extrem wichtig.“ Mindpeaks Kunde Unilabs, einer der größten europäischen Diagnostik-Anbieter, setzt beispielsweise die KI-Lösung der Hamburger in der klinischen Routine ein, um die Diagnose von Brustkrebs zu beschleunigen und genauer zu machen. Unilabs meldete kürzlich eine 90-prozentige Verkürzung der Diagnosezeit mit der Mindpeak-Lösung. „Sie sagen, sie sind zehnmal schneller und werden es nun in Schweden zum Standard machen.“

Das Start-up wird durch den Innovationsstarter Fonds Hamburg (IFH) finanziert, mit Unterstützung von

  • APEX Ventures,
  • Nina Capital,
  • Motu Ventures
  • und prominenten Angel-Investoren.

Mindpeak, mit einem Team von 25 Mitarbeitern, hat bisher 9 Millionen Euro eingeworben. „Wir wollen unser Team bis 2023 vergrößern“, sagt Faber. Da mehr als zwei Drittel des Umsatzes aus dem Geschäft in den Vereinigten Staaten stammen, wird Mindpeak dort demnächst ein Vertriebsbüro eröffnen.

Für die Suche nach neuen Mitarbeitenden ist es laut Felix Faber hilfreich, dass Datenwissenschaftler und Experten für maschinelles Lernen Interesse großes Interesse am Gesundheitsmarkt zeigen. „Mit unserem zielgerichteten Ansatz sind wir in der Lage, Talente anzuziehen.“

Text: Philipp Graf

Beitragsbild: © Mindpeak

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