Medizintechnik-Hersteller fertigt Faceshields

Normalerweise entwickeln die Ingenieure von Bluewater Medical medizinische Implantate und OP-Instrumente. Gemeinsam mit Fertigungspartner Kreyenberg aus Norderstedt ist das inhabergeführte Kieler Unternehmen in die Serienproduktion von persönlicher Schutzausrüstung (PSA) eingestiegen: Bis zu 1.500 Faceshields können ab sofort täglich gefertigt werden.

In Asien gehören die transparenten Gesichtsvisiere bereits zum Alltag, dort gibt es sogar Modelle für Neugeborene. Auch hierzulande könnten sich Faceshields als sinnvoller Schutz vor Tröpfcheninfektion etablieren, glaubt Christian Lutz. Im Mai ist er mit seinem Unternehmen Bluewater Medical in die Serienproduktion eingestiegen. Kerngeschäft des Kieler MedTech-Spezialisten ist sonst die Entwicklung von Produkten für Traumatologie, Orthopädie und Wirbelsäulenchirurgie. Zu den Auftraggebern zählen internationale Medizintechnikkonzerne, aber auch Start-ups, die ihre Innovationen zur Serienreife und Zulassung bringen wollen.

Im Zuge der Corona-Beschränkungen mussten internationale Kundenprojekte gestoppt oder auf unbestimmte Zeit verschoben werden – Anlass für Lutz und sein Team, stattdessen an einer nachhaltigen Lösungen für den Mangel an Schutzausrüstung zu arbeiten.

Faceshields bieten Vorteile

Nach gründlichen Recherchen in internationalen medizinischen Fachpublikationen und ersten Designstudien per 3D-Druck entschied sich Bluewater Medical im Mai 2020 dafür, anstelle von wiederverwendbaren Masken zunächst mit Faceshields in Serie zu gehen.

Gegenüber Masken böten die transparenten Gesichtsvisiere wesentliche Vorteile, findet Lutz, der lange als Forschungs- und Entwicklungsleiter bei einem internationalen Medizintechnikkonzern tätig war: Insbesondere bedecken sie das ganze Gesicht und schützen somit auch vor der Übertragung von Viren über die Bindehäute oder durch Hand-Gesicht-Kontakt. Laut Weltgesundheitsorganisation WHO wird Covid-19 überwiegend durch sogenannte Respiratory Droplets, (Tröpfchen-Durchmesser von mehr als 5-10 μm) übertragen. Ein Ansteckungsrisiko bestehe deshalb im direkten Kontakt mit einer infizierten Person (z.B. beim Husten, Niesen oder Sprechen) aber auch durch Hautkontakt mit Oberflächen oder Objekten, auf denen sich virenhaltige Tröpfchen niedergeschlagen haben. Faceshields lassen sich auf- und absetzen, ohne dabei die Gesichtshaut mit den Händen zu berühren. Zudem verhindern sie unwillkürliche riskante Gesten wie Augenreiben, Nase wischen oder an den Mund fassen.

Weitere Pluspunkte: Während Stoff- oder Papiermasken beim Tragen durchfeuchten und dann gewaschen oder hygienisch sicher entsorgt werden müssen, können Faceshields über einen längeren Zeitraum genutzt werden, ohne ihre Schutzwirkung zu verlieren. Halter und Folienschild lassen sich nach jedem Einsatz zuverlässig reinigen und desinfizieren, auch mehrfaches Autoklavieren ist möglich. Das Folienvisier kann bei Bedarf ohne Werkzeug einfach ausgetauscht werden.

Last but not least schränken die transparenten Visiere weder Atmung noch Aussprache oder Mimik ein. Ein freundliches Lächeln oder Lippenbewegungen bleiben sichtbar – ein Pluspunkt in vielen therapeutischen und pädagogischen Berufen, im Servicebereich oder für Menschen mit eingeschränktem Hörvermögen.

Vom 3D-Druck zur Serienfertigung

Mit Prototypen aus dem 3D-Drucker erfolgten Mitte April die ersten Anwendertests, unter anderem mit Ärzten und Pflegepersonal der Notaufnahme einer Hamburger Klinik. Anhand des Feedbacks wurde das Halter-Design in Kiel weiter optimiert. Das Spritzgusswerkzeug stellte Fertigungspartner Kreyenberg in der Rekordzeit von 10 Tagen fertig, so dass die Serienproduktion am 4. Mai anlaufen konnte.

„Aktuell können wir rund 1.500 Stück pro Tag herstellen, bei Bedarf lassen sich die Kapazitäten kurzfristig erweitern“, sagt Clemens Kreyenberg, Geschäftsführer des norddeutschen Familienbetriebs. Sowohl der Bund als auch das Land Schleswig-Holstein hätten sich angesichts der Corona-Pandemie klar für den Aufbau einer heimischen Produktion von persönlicher Schutzausrüstung (PSA) ausgesprochen – ohne Importrisiken und lange Lieferzeiten. Diesem Wunsch komme man nach: „Mit der Firma Kreyenberg haben wir einen bewährten und in der Medizintechnik erfahrenen regionalen Produktionspartner an unserer Seite und sind nicht auf Importe aus China angewiesen“, sagt Christian Lutz.

Aus der Krise lernen

Faceshields in zertifizierter Qualität und mit durchdachtem Design kämen dem Gesundheitswesen dauerhaft zugute, glaubt Lutz. Faceshield.One ist CE-zertifiziert, am Fraunhofer Institut für Techno- und Wirtschaftsmathematik ITWM in Kaiserslautern wird die Barrierewirkung des Shields derzeit in Simulationen näher untersucht.

Die weltweite Covid-19-Pandemie zeige, wie wichtig die intensive wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Thema Infektionsschutz sei, so Lutz: „Neben der Suche nach Impfstoffen halte ich fundierte wissenschaftliche Erkenntnisse zu geeigneter persönlicher Schutzausrüstung und das Sicherstellen einer zuverlässigen Lieferkette für die wirksamste Strategie im Kampf gegen Corona und künftige Erreger mit Pandemiepotenzial“, sagt er.

An einer Erweiterung der Produktpalette für spezielle Anwenderwünsche wird in Kiel bereits gearbeitet.

 

Quelle: Pressemitteilung der Bluewater Medical GmbH

Weitere News

So einfach wie Nasebohren – der neue Corona-Schnelltest von Dräger. (© Drägerwerk AG & Co. KGaA)

Corona-Schnelltest von Dräger für Jedermann

Dräger erweitert seine Lösungen gegen die Corona-Pandemie wie Intensiv­beatmungsgeräte, FFP2-Atemschutz­masken und CO2-Sensoren mit einem weiteren Produkt, einem Antigen-Schnelltest. ...

Weiterlesen …
Foto: ©Milos - stock.adobe.com

Schleswig-Holstein fördert Produktion von PSA

Seit Beginn der Corona-Pandemie hat das Thema Persönliche Schutzausrüstung höchste Priorität; insbesondere, weil es zwischenzeitlich Engpässe gab. In Schleswig-Holstein wurde nun eine neue Förderrichtlinie erlassen, ...

Weiterlesen …