Präzisionsmedizin mit quantenbasierter Stoffwechsel-Bildgebung

EU fördert internationales Verbundprojekt: Moderne Bildgebungstechnik zur schnellen Kontrolle des Erfolgs von Krebstherapien

Ob eine Chemotherapie bei Krebskranken erfolgreich ist oder nicht, lässt sich meist erst nach einigen Monaten der Behandlung zuverlässig beurteilen. Bis die richtige Therapie gefunden wird, kann daher wertvolle Zeit verloren gehen. Durch genaue Charakterisierung des individuellen Tumors lässt sich zwar heute schon die erfolgversprechendste Therapie ermitteln. Aber auch diese wirkt eben nicht immer bei allen Betroffenen. Wünschenswert wäre daher eine Methode, mit der sich bereits unmittelbar nach Therapiebeginn bei jedem Patienten und jeder Patientin abschätzen ließe, ob die Therapie anspricht.

Dieses leistungsstarke MRT-Gerät wird für Studien am UKSH mit speziellen Geräten aufgerüstet, die die speziell markierten Kontrastmittel herstellen und aufnehmen. (Bild: Jan-Bernd Hövener, Uni Kiel)
Dieses leistungsstarke MRT-Gerät wird für Studien am UKSH mit speziellen Geräten aufgerüstet, die die speziell markierten Kontrastmittel herstellen und aufnehmen. (Bild: Jan-Bernd Hövener, Uni Kiel)

Die sogenannte hyperpolarisierte Magnetresonanztomographie (MRT) hat in ersten Studien gezeigt, dass sie dieses Potenzial hat, wie der Medizinphysiker Professor Jan-Bernd Hövener von der Kieler Universität berichtet. Zusammen mit Forschungsteams aus Dänemark und Israel möchte er in dem EU-Projekt RESPONSE die Methode für den klinischen Einsatz bei Brustkrebs weiterentwickeln, so dass Patientinnen davon profitieren können. Die EU fördert das Vorhaben mit 2,5 Millionen Euro. Etwa eine halbe Million Euro erhält Höveners Arbeitsgruppe an der Medizinischen Fakultät der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) und der Sektion Biomedizinische Bildgebung der Klinik für Radiologie und Neuroradiologie am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH), Campus Kiel.

Sichtbar machen von Stoffwechselvorgängen

Das Besondere an der hyperpolarisierten MRT ist, dass damit Stoffwechselprozesse darstellbar sind. „Stoffwechsel ist vermutlich einer der ersten Marker für Veränderungen. Ob ein Tumor durch die Therapie kleiner wird oder nicht, ist erst spät erkennbar. Veränderungen im Stoffwechsel treten viel früher auf“, betont Hövener. Um Signale des Stoffwechsels im MRT sehen zu können, kommen quantenmechanisch markierte Kontrastmittel zum Einsatz. „Das sind Moleküle des Stoffwechsels, wie Glukose oder Pyruvat. Diese werden kurz vor der Untersuchung gespritzt und leuchten im MRT auf, so dass man Veränderungen sehen kann.“ In einer ersten Studie bei Brustkrebspatientinnen konnte mit dieser Methode bereits innerhalb von sieben bis elf Tagen nach Therapiebeginn ein Erfolg oder Misserfolg der Therapie bestimmt werden. Bei der neoadjuvanten Therapie könnte dieses Verfahren eine wichtige Ergänzung zur herkömmlichen Bildgebung darstellen, folgert Professor Nicolai Maass, Direktor der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe des UKSH, Campus Kiel. Die neoadjuvante Therapie, eine Chemo- oder Strahlentherapie, erfolgt vor der Operation des Tumors. Ziel ist, bessere Ausgangsbedingungen für die Operation zu schaffen und insbesondere den Tumor zu verkleinern.

Technik für den klinischen Einsatz aufrüsten

Hövener und sein Kooperationspartner von Dänemarks Technischer Universität, Dr. Andrea Capozzi, sind Pioniere auf dem Gebiet der hyperpolarisierten Bildgebung. Im Molecular Imaging North Competence Center (MOIN CC) der CAU und am UKSH hat der Physiker bereits eine ausgezeichnete Umgebung für die Bildgebungs- und Hyperpolarisierungsforschung aufgebaut. Neben Geräten für die Herstellung von Stoffwechsel-Kontrastmitteln und für die Bildgebung der Lunge gehören hierzu auch verschiedene experimentelle Aufbauten, um die Quantenmechanik der Hyperpolarisation zu untersuchen, sowie die dazugehörigen MRT-Geräte.

Bisher wird die Technik nur experimentell eingesetzt. Die Projektmittel helfen nun, die Technologie für die Anwendung an Patientinnen und Patienten zu etablieren und eine Multicenterstudie mit Brustkrebspatientinnen vorzubereiten. „Einmal implementiert kann diese Technologie, welche noch nicht als Medizinprodukt erhältlich ist, für vielfältige Diagnostik eingesetzt werden, zum Beispiel auch bei Entzündungskrankheiten“, sagt Hövener, der auch Mitglied im Exzellenzcluster „Precision Medicine in Chronic Inflammation“ (PMI) ist. Derzeit liefen Studien mit vielversprechenden Ergebnissen zur Entzündungsbildgebung.

Im BMBF-Projekt „hyperquant“ kooperiert Höveners Arbeitsgruppe mit Gruppen vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel, MOIN CC und der Klinik für Radiologie und Neuroradiologie am UKSH. Ziel ist, mittels hyperpolarisierter MRT neue Methoden zu entwickeln, um Stoffwechselvorgänge und insbesondere die Lungenfunktion nicht-invasiv zu messen und bildlich darzustellen.

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